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4/18/2021

FlexEuro-Forschungsprojekt setzt auf die Expertise von Decision Trees

Die entscheidende Rolle von Nachfrage-Flexibilität bei der Energieoptimierung

Die Energiewende ist in Europa voll im Gange. 38% der gesamt erzeugten Energie wird bereits aus erneuerbaren Energien gewonnen und übertrifft somit zum ersten Mal den Gesamtanteil von fossilen Brennstoffen. Dieser Anteil wird in den nächsten Jahren weiter steigen, aber um die Ziele der Bundesregierung von 80% erneuerbarer Energie im Strommix bis 2050 zu erreichen, müssen noch einige Hürden beiseite geschafft werden.

Die Industrie steht erneuerbaren Energien weiterhin skeptisch gegenüber, da diese für ihre Energieversorgung stark von den Umweltbedingungen abhängen. Die meisten stromintensiven Industrien benötigen eine kontinuierliche Energieversorgung, die scheinbar nur durch klassische Energiequellen wie Kohle, fossile Brennstoffe oder Kernkraftwerke gewährleistet werden kann. Andererseits können Prozesse in Industrieunternehmen auch flexibilisiert werden und somit auf schwankende Nachfrage und Angebot in Strommärkten reagieren. Zudem kann die Vermarktung von Flexibilitäten im Stromverbrauch für Industrieunternehmen zu einer lukrativen zusätzlichen Einnahmequelle werden.

Im FlexEuro-Projekt arbeitet eine Allianz aus Industrie, Universitäten und IT-Unternehmen gemeinsam an einer Lösung für dieses Problem, indem sie mathematische, insbesondere stochastische  Modelle zur Vermarktung von Flexibilitäten stromintensiver Industrien in verschiedenen Strommärkten entwickelt und prototypisiert.

Flexibilität

Die Strommenge, die von erneuerbaren Quellen wie Windkraft oder Photovoltaik erzeugt wird, variiert aufgrund sich ändernder Umweltfaktoren wie dem Wetter und dem Klima und richtet sich nicht nach der Nachfrage oder dem Marktpreis. Dank neu entwickelter Technologien ist es aber mittlerweile möglich, auch auf der Nachfrageseite eine gewisse Flexibilität zu schaffen. Diese Flexibilität kann dazu genutzt werden, um in Zeiten des Energieüberschusses von günstigen Strompreisen zu profitieren und gleichzeitig Engpässe abzumildern. Energieversorger und die Großindustrie setzen daher Laststeuerung auf der Verbraucherseite ein, um die Energienachfrage zu flexibilisieren.

Die Flexibilisierung der Nachfrage bedeutet, der Angebotsseite mehr Autonomie bei der Entscheidung zu geben, wann sie dem Verbraucher Strom zur Verfügung stellt. Während ein Flexibilitätsrahmen garantiert, alle Energiebedürfnisse zu erfüllen, sinken die Energiekosten aller Beteiligten aufgrund der optimierten Energieverteilung im Gesamtsystem. Somit wird die Flexibilität auf der Nachfrageseite zum wichtigen Erfolgsfaktor für den langfristigen Betrieb von nachhaltigen Energiesystemen. Da die Optimierung mit der Skalierung besser wird, können vor allem stromintensive Industrien wirtschaftlich davon profitieren. Um das volle Optimierungspotenzial zu erreichen, müssen alle relevanten Variablen in einem mathematischen Rahmen modelliert werden, wie wir anhand des FlexEuro-Projektes erläutern werden.

FlexEuro

Decision Trees ist an einem vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt beteiligt. Gemeinsam mit dem Fraunhofer ITWM, der Universität Duisburg-Essen und der TRIMET Aluminium SE soll im Rahmen des FlexEuro-Projekts ein System zur Entscheidungsfindung für die Nutzung von Flexibilität im Stromverbrauch entwickelt werden. Grundlage für dieses Forschungsprojekt ist eine Aluminiumhütte von TRIMET, die zu einer "virtuellen Batterie" umgebaut wurde. Durch die flexible Fahrweise der für die Elektrolyse des Aluminiums eingesetzten, in Reihe geschalteten Öfen funktioniert diese Anlage wie ein riesiger intelligenter Stromspeicher. Als Prototyp erproben nun 120 Öfen einer Elektrolyse-Halle den neuen Entscheidungsrahmen im industriellen Maßstab. Mit rund 1.120 Megawattstunden hat die "virtuelle Batterie" alleine die Speicherkapazität eines mittelgroßen Pumpspeicherkraftwerks - und das bei einem Wirkungsgrad von bis zu 95%.

Energiebedarf flexibilisieren

Für den kritischen Prozess der Aluminiumproduktion benötigen die Öfen eine konstante Stromversorgung. TRIMET ist in der Lage, trotz unregelmäßiger Stromversorgung die Betriebstemperatur in definierten Bereichen und somit den Elektrolyseprozess stabil zu halten. Diese Flexibilität des Energiebedarfs wird durch die Entwicklung und Implementierung von Steuerungen für die Elektrolyseöfen erreicht. Bis zu 48 Stunden lang ist TRIMET nun in der Lage, die Energiezufuhr von 75% bis 125% zu variieren, ohne die Aluminiumproduktion zu unterbrechen.

Möglich wird dies durch ein völlig neues Prozessführungskonzept mit innovativer Mess- und Regeltechnik sowie durch die Erstellung umfangreicher Prozessmodelle zur Optimierung des Betriebsverhaltens der Elektrolyse unter Flexibilisierungsbedingungen. Dieser innovative Stromspeicher erleichtert die Einbindung unregelmäßig erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen in das Stromnetz. Gleichzeitig ermöglicht der hohe Flexibilisierungsgrad dieser Anlage, günstigere Energie aus einem Intraday-Handelsmarkt zu beziehen und so die Gesamtenergiekosten zu minimieren.

Intraday-Handel - Algotrading

Ist die Hardware erstmal aufgebaut, kann der Fokus auf die Vermarktung der Flexibilität gelegt werden. Das Optimierungspotenzial wird durch die technischen Restriktionen einerseits des Elektrolyseprozesses, wie z.B. Effizienzverluste bei flexibler Fahrweise, andererseits durch Restriktionen am Markt eingeschränkt. Der Intraday-Handel wird immer beliebter, da immer mehr Akteure in den Markt eintreten und die gehandelten Volumina kontinuierlich steigen. Gleichzeitig wird der Markt immer komplexer und volatiler, wodurch der Bedarf an automatisierten Handelslösungen zuletzt stark gewachsen ist. Algotrader sind direkt mit dem Intradaymarkt verbunden und können binnen Millisekunden Gebote einstellen bzw. Gebote anderer Marktteilnehmer annehmen. Allerdings ist es oft nicht möglich, ohne mathematische Optimierung die Kopmlexität der physischen Industrieanlagen in Algotradern abzubilden. Daher wird die Abbildung z.B. der virtuellen Batterie von TRIMET in einem mathematischen Modell dargestellt. Darauf basierend werden mit hoher Frequenz im 24/7-Betrieb Intraday-Optimierungen durchgeführt, deren Ergebnisse als Flexibilitäts-Korridore und Grenzpreise in den Algotrader einfließen.
Auf diesem Weg wird der Intraday-Handelsmarkt sowie die Eigenschaften der Industrieanlage durch quantitative Modelle und Algorithmen abgebildet. Mit realen Daten gefüttert, realisieren sie somit eine optimierte Handelsstrategie und generieren eine Reihe von empfohlenen Aktionen. Basierend auf den Intraday-Handelspreisen der Märkte berechnen sie den besten Zeitpunkt, um einerseits Strom zu handeln (kaufen und verkaufen) und andererseits das physische System zu fahren (Ein- und Ausspeichern der Batterie). Die Berücksichtigung der technischen Machbarkeit von Lastwechseln zugunsten einer größeren Freiheit im Energiehandel führt unterm Strich zu erheblichen Einsparungen in den Strombeschaffungskosten insgesamt. Hierbei wird nicht nur die Aluminiumproduktion selbst revolutioniert, sondern es entsteht auch ein Vorzeigeprojekt für die Vermarktung von Nachfrageflexibilität im Energiehandel. Diese Erkenntnisse können im Lichte der fortschreitenden Energiewende einen signifikanten Beitrag zur Etablierung nachhaltiger Energiequellen leisten.

Die Expertise von Decision Trees

Eine der größten Herausforderungen ist es, die Batterie in ihrer ganzen Komplexität abzubilden. Hier kann sich das FlexEuro-Projektteam auf die langjährige Erfahrung von Decision Trees bei der Optimierung verschiedenster Arten von Energiesystemen verlassen. Decision Trees spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von quantitativen Modellen und Algorithmen, indem sie ihr Fachwissen bei der Modellierung solch komplexer Systeme einbringen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung des Mehrwerts von stochastischer Optimierung im Bereich des kurzfristigen Stromhandels.
Wie wir gerade ausgeführt haben, erwächst mit der Flexibilisierung des Energieverbrauchs ein großes Potenzial für Kosteneinsparungen für energieintensive Industrieanlagen. Da erneuerbare Erzeuger selbst Energie nicht konstant liefern können, sollte die Nachfrageseite flexibler werden. Eine Investition in die Flexibilisierung auf der Verbraucherseite ist eine Eintrittskarte in den Intraday-Markthandel, wo durch den Einsatz stochastischer Optimierung von Decision Trees insgesamt günstigere Energiebeschaffungskosten erzielt werden. Dies ebnet den Weg für weitere Entwicklungen in Bezug auf nachhaltige Energiequellen und wird langfristig deren breitflächigen Einsatz erhöhen.

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